Eicherscheid hat seit jeher bis zum heutigen Tage eine ausgeprägte und intensive Feierkultur. Man kann es auch nach den Worten des früheren FC- Bayern-München-Trainers „van Gaal“ sagen: Die Eicherscheider waren und sind ausgesprochene „Feierbiester“. Die nachfolgenden Aufzeichnungen von Helmut Hermanns geben die Feiergewohnheit und deren Akteure insbesondere für das damals wichtigste Fest im Dorf, die Kirmes, wieder, auch vor dem Hintergrund, dass damals Diskotheken eine Rarität waren und ansonsten weitere Feste eher selten waren.

Die Feste feiern wie sie fallen

Zunächst zu einigen Akteuren und Gruppen:

In den 50er und 60er Jahren gab es das „Geloog“ Es wurde 1945 gegründet und wollte die im Kriege stark beschädigten Säle im Ort wieder notdürftig herrichten. Das Geloog bestand aus jungen Männern, die dann die dörfliche Feiern maßgeblich planten (vor den beiden Weltkriegen organisierte der 1885 gegründete „Kriegerverein“ das Kirmesgeschehen). Das Geloog organisierte im Frühjahr auch die Mädchenversteigerung. Alle jungen Mädchen ab 16 Jahren wurden aufgelistet und dann auf einer Versteigerung meistbietend feilgeboten. Dort boten die jungen Männer und hofften, ihre zukünftige Liebste zu ersteigern. Manchmal ging es dabei hoch her, wenn mehrere Burschen auf das selbe schöne Mädchen boten. Die Mädchen, für die es keinen Interessenten gab, kamen geschlossen in den „Dorfsack“; diesen Sack mitsamt Inhalt erhielt der Bieter, der sich des Inhalts „erbarmte“ und gleich mehrere Mädchen zum Maiball o.a. Festbällen zu führen hatte, eine mitunter aus heutiger Sicht nicht so edle Brauchtumspflege. Es war Sitte, dass die Mädchen mit ihrem Ersteigerer zum Mai- und Kirmesball gingen. Das Mädchen, das den höchsten Ersteigerungspreis erzielte, wurde Maikönigin. Sie war mit Ihrem Ersteigerer so zu sagen das „Prinzenpaar“. Mit den Erträgen aus der Versteigerung wurden überwiegend die Kosten der Umzüge des „Hahneköppens“ und der Kirmesbälle finanziert.

Bis zum Jahre 1953 wurde in Eicherscheid die Kirmes wie in den umliegenden Dörfern bis heute noch, Ende Juni gefeiert. Dies wurde auf Betreiben der „12 Apostel“ im Jahre 1953 geändert. Warum? Da Ende Juni die Heuernte oft noch nicht beendet war und die jungen Leute lieber feierten, als im Heu zu arbeiten, wurde kurzer Hand zur Vermeidung von Streitereien in den Familien der Kirmestermin auf den ersten Sonntag im August verlegt.

Kurz zu den 12 Aposteln (s. unter Galerie/Vereine u. Gruppen): Zu dieser Gruppe zählten 12 ältere und meist angesehene und erfahrene Herren aus dem Dorf, die hinsichtlich des Dorfgeschehens versuchten, das Dorfleben etwas zu beeinflussen und mit zu gestalten. Sie hatten sogar auf dem sonntäglichen Frühschoppen „a Lennertsches“ einen separaten Raum.

 

Ab den End-60iger/Anf. der70er Jahre wurden die Feste (Kirmes, Nachkirmes, Erntedank; Kleinkirmes, Neu-Jahr und Karneval) im Wechsel von den Ortsvereinen organisiert. Mit der Gründung des Ortskartells 1980 wurde der Wechselrythmus endgültig abgestimmt.

In früheren Jahren wurde Kirmes, das weltliche Fest aller Feste, in Eicherscheid 3x gefeiert, und zwar, am 1. Sonntag über 4 Tage Großkirmes, die Nachkirmes (Ein Tanzabend) 3 Wochen später und schließlich am Sonntag nach dem 13. Dezember, dem Patronatsfest, die Kleinkirmes über 2 Tage. Die Großkirmes wurde damals in 3 Gastwirtschaften (a Helliech, Lennertsches und Martinches) und in 2 Sälen (a Helliech und Martinches) gefeiert.

Die Kirmes war damals (50-70er Jahre) noch ein Familienfest. Die nahe Verwandtschaft aus den umliegenden Dörfern wurde zur Kirmes eingeladen. Das war schon mit unter relativ schwierig, da so gut wie keine Verkehrsmittel und auch Telefone zur Verfügung standen. Die meisten geladenen Gäste kamen schon vormittags zu Fuß nach Eicherscheid. Zu Mittag gab es für damalige Verhältnisse ein Festtagsmenue: Suppe, Fleisch und Kartoffel; fast nirgends in Eicherscheid fehlte auf Kirmes „Escher Moos“ (Sauerkraut mit Böhnchen). Daher wohl auch der bis heute erhaltene Spitzname der Eicherscheider: „Moospängs“. Für den Nachmittag hatten die Hausfrauen zum Teil Kuchen selbst gebacken oder hatten „e Möttche“ zum Bäcker gebracht.

Wat ös „a Möttche„? A Möttche waren Backzutaten, die „er Rest“ (flacher Flechtkorb) zum Bäcker gebracht wurden. Die Hausfrauen hatten schon süßen Reis für den „Riesflaam“, Trockenpflaumen für „Prume Taart“ oder Äpfel (deck Sure) für „Appeltaart“ zubereitet. Oder es gab Streuselkuchen, Rollkranz oder Knipplätzchen. Die ganze Familie, insbesondere auch die Verwandtschaft, ließ es sich an diesem Tage gut gehen.

Das Geloog hatte schon vor der Kirmes Teilnahmebons für das Hahnenköppenverkauft. Am Großkirmes-Sonntag war dann Hahneköppen. Ein Seil mit Blecheimer, worin der Hahn hing, wurde zwischen die zwei Linden „Om Feijld“ gespannt. Diese Linden standen seitlich zum jetzigen Wohnhaus, Luise Kaulard (früher Haus Pelinka); die Baumkronen waren im Krieg zerschossen worden, lediglich die 2 dicken Stämme standen noch.

Das Hahneköppen hat seinen Ursprung aus der napoleonischen Zeit Ende 18./Anf. 19. Jahrhundert. Der gallische Hahn, das Symbol der Franzosen, der Besetzer u.a. unserer Heimat, war für unsere Vorfahren verständlicherweise auch das Symbol der Peiniger. Und so wurde das Sinnbild der Franzosen jährlich zum Ausdruck Volkes Meinung geköppt.

Unter reger Teilnahme der Dorfbevölkerung beim Hahneköppen fieberte man dem alles entscheidenden Hieb entgegen.Man ließ den Gewinner und neuen Hahnenkönig dann gebührend hochleben und trug ihn auf einer ausgehängten Stall- oder Scheunentür im Festzug in die nächste Kneipe. Dort ging es wahrlich nicht trocken zu.

Abends auf dem Kirmesball kamen sich die ersteigerten Damen und deren Bieter dann oft näher, einige soviel näher, dass dies zu einer fortwährenden Beziehung wurde.

Am Montagmorgen war dann in allen Kneipen Frühschoppen mit viel Publikum. Viele schafften dann mittags nicht den Weg nach Hause und nahmen dann mit mehr oder weniger Standfestigkeit am Kirmes-Festzug teil. Die Gockel-Hoheiten wurden in einem festlichen Zug von ihren geschmückten Häusern abgeholt. Dort wurden alle mit Getränken und belegten Brötchen versorgt. Unter Beteiligung aller Vereine und der ganzen Bevölkerung ging der Festzug durchs Dorf, wobei Pfarrer, Bürgermeister und Lehrer in einer Pferdekutsche gefahren wurden. Es war reges Treiben im Dorf, besonders in den Lokalitäten bis zum Abend, wenn dann der Montags-Festball begann. Die Säle waren voll besetzt; viele Tischgemeinschaften und Cliquen reservierten einen Tisch, indem ein oder zwei aus der Clique ein oder mehrere Stunden vor Ballbeginn ihre Tische in Beschlag nahmen. Nicht selten war dieses Vorkommando schon reichlich angeheitert, bevor die Damen und Kollegen kamen. Traditionell ging’s bis in den Morgen hoch her. Dienstags ließ man dann die Kirmes in der Kneipe oder abends beim Abschlußball ausklingen.

Drei Wochen nach der Großkirmes war die „Nachkirmes“. Man traf sich in den Sälen samstags zum Tanz und ließ die Kirmestage in Gesprächen Revue passieren.

Mitte Dezember war Kleinkirmes (Patonatsfest von der Hl. Lucia). In der konservativen Eifel war das Tanzen im Advent verpönt. Man traf sich daher halbwegs inoffiziell dann doch zum Tanzen auf Musik der Musikbox bei Lennertsches. Eicherscheid hatte über Jahre einen gut funktionierenden Theaterverein; und so war auf Kleinkirmes auch immer Theaterabend in Martinches Saal, u.a. mit dem bekannten Theaterstück „Wie’s Glöcklein kam“. Diese Theaterstücke waren immer gut besucht, so dass einige Stücke im Laufe des Winters noch mals aufgeführt wurden.

Die Theaterstücke waren nach dem Kriege eine logistische Meisterleistung. Es gab keine Heizung und keinen elektrischen Strom. Die Vorhänge und Kulissen mußten von Hand betätigt werden. Die Beleuchtung wurde mit Petroleum- bzw. Karbidlampen immer entzündet und gelöscht. Verantwortlich hierfür war Alois Kaulard. Den großen Kanonenofen , der im Saal stand, wurde von Leopold Küpper befeuert. In der Pause konnte man sich an der Theke etwas zum Trinken holen.

Die ganzen Kirmesveranstaltungen waren vor dem Hintergrund, dass das so im Wesentlichen die einzigsten Veranstaltungen jährlich im Ort waren, eine angenehme Unterbrechung des doch so für unsere heutigen Verhältnisse harten Alltages. Der Zusammenhalt und die gemeinsame Fröhlichkeit waren selbstverständlich und haben sich zumindest hier in Eicherscheid bis heute erhalten, wenn auch vielleicht nicht mehr in der Intensität wie früher; aber das ist auch den gravierenden Veränderungen unserer doch sehr schnelllebigen Zeit gezollt.

Die heutigen Großkirmes-Veranstaltungen ähneln denen der oben beschriebenen Historie, mit Kirmes „herausholen“ und Tanz am Samstag, Hahnenköppen am Sonntag und Montag Frühschoppen, Abholen des Hahnenkönigs mit Gefolge am geschmückten Wohnhaus und anschließendem Festzug und Ausklang in der Tenne mit Kirmes „begraben“.

23.01.2013 – Helmut Hermanns

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